Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind Vertragsklauseln, welche eine Vertragspartei für eine unbestimmte Anzahl von Verträgen vorformuliert. Grossunternehmen lassen diese von Fachpersonen erstellen. KMU kopieren diese von der Webseite der Konkurrenz. Bei einer Leistungsstörung kann nur die Handlung einer unverdienten Milde die Geschäftsbeziehung reparieren.
Für die Geltung der AGB ist deren tatsächliche Kenntnisnahme durch den Geschäftspartner nicht erforderlich. Eine Globalübernahme genügt. Massgebend ist die erforderliche Zugänglichkeit beziehungsweise die Möglichkeit zu ihrer unmittelbaren und ungehinderten Verfügbarkeit. So hält die Lieferantin in ihrem Vertragsangebot mit Verweis auf die Download-Möglichkeit auf der Webseite fest, dass (nur) ihre Allgemeinen Lieferbedingungen gelten.
AGB im Spiel der Marktmacht
Individuelle Vertragsverhandlungen über AGB können aufgrund des täglichen Massenverkehrs nicht stattfinden. Es ist kaum vorstell- und zumutbar, dass eine Bestellerin Tausende AGB ihrer Geschäftspartner überprüft. So liegt es auf der Hand, dass die Käuferin verspätet bei ihrer Bestellung notiert: «Es gelten unsere Einkaufsbedingungen». In einem solchen Normalfall hilft wenig, sich darüber zu streiten, wessen AGB nun Vorrang haben: Die eigenen in der Offerte und Auftragsbestätigung zitierten AGB der Kleinunternehmung werden übersteuert. Es geht um wirtschaftliche Macht: Die Kundin hat das Geld. Die Verkäuferin will leisten, um dieses zu vereinnahmen. So beugt sie sich fremden Bedingungen.
Weil es für den Lieferanten wenig erbaulich ist, sich nun mit den AGB Bestellerin auseinanderzusetzen, geht dieser lieber von einer Idealwelt aus. In dieser funktioniert alles störungsfrei. Wären die AGB für beide Seiten ausbalanciert, so bräuchte es keine. Es liegt in der Natur von AGB, dass bei Störungen eher die schwächere Partei finanziell belastet wird.
Die Leistungsstörung als Gewinnvernichtung
AGB werden erst konsultiert, wenn eine Störung auftritt. Dann entscheidet das Kleingedruckte darüber, ob die Versicherungsgesellschaft den Schaden deckt, wenn der teure Mercedes des Chefs in Mailand abhanden gekommen ist. Spätestens da bekommen die Begriffe wie Diebstahl und Veruntreuung für den Laien eine je eigene Bedeutung. Der Geschädigte ist überrascht, wenn bei Veruntreuung ein Versicherungsausschluss greift. Konsenskontrolle, Unklarheitenregel oder Ungewöhnlichkeitsregel helfen hier wenig. Der Verfasser bringt in seinen AGB meistens das unter, was den dispositiven Normen des Obligationenrechts entgegensteht. Beispielsweise, dass vermietetes Personal abgeworben werden darf. Oder dass versteckte Mängel lebenslänglich gerügt werden können.
Konventionalstrafen vergiften Beziehungen
Individuelle Vertragsbestimmungen liegen dann vor, wenn Verhandlungen (ernsthaft) geführt wurden und der Kunde zumindest die Möglichkeit hatte, den Inhalt zu beeinflussen. Wegen der automatischen Übernahme von AGB geht der Verkäufer davon aus, dass die gelieferte Maschine funktioniert oder eine Dienstleistung ordentlich ausgeführt wird. Der Schrecken ist gross, wenn eine Störung mit einer Konventionalstrafe belegt wird. Hernach flattert beim säumigen Lieferanten eine Rechnung ins Haus mit der Aufforderung, diese Strafe gemäss AGB innert 30 Tagen zu begleichen. Die dauerhafte Beziehung zwischen Lieferanten und Kunden wird unverhofft und erheblich betrübt.
Güterabwägung und die Handlung unverdienter Milde
Vom Verwender darf eine geschäftserfahrene Vertragspartei eine faire Verhandlungsführung verlangen - sofern sie über die zeitlichen Ressourcen verfügt. Und, was in der Praxis meistens der Fall ist, sie überhaupt verhandeln darf. Soll nun bei einer Leistungsstörung, ungeachtet des Umfangs und der Wichtigkeit der erbrachten Leistung, auf Geheiss einer Machtposition eine langjährige Geschäftsbeziehung geopfert werden? An deren Anfang standen wechselseitige Geschäftsinteressen. Um sich auf diese zurückbesinnen zu können, sollte in einer Handlung unverdienter Milde wann immer möglich auf die Konventionalstrafe verzichtet werden.