Michele Imobersteg |

27. Mai 2021

Arbeitnehmer in der eigenen AG oder GmbH

Für die letzte Ausgabe von ERFOLG hatte ich einen Beitrag verfasst, welcher in die gleiche Kerbe schlug wie das hier behandelte Thema. Es ging um die Arbeitgeberähnliche Stellung des Geschäftsinhabers. Nachfolgend soll die Frage behandelt werden, unter welchen Bedingungen eine angestellte Person, die in der eigenen Firma (AG/GmbH) angestellt ist bzw. war, Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung haben kann.

 

Ob eine Person im Sinne der AHV selbständig erwerbend ist, beurteilt die AHV-Ausgleichskasse im Einzelfall. Indizien sind: Selbständigerwerbende treten nach aussen mit einem Firmennahmen auf. Sie besitzen beispielsweise einen Eintrag im Handelsregister und ein eigenes Brief- und Werbematerial. Sie stellen zudem in eigenem Namen Rechnung, tragen das Inkassorisiko und rechnen Mehrwertsteuer ab. Die selbständig erwerbende Person trägt das eigene wirtschaftliche Verlustrisiko. Sie tätigt Investitionen mit langfristigem Charakter, kommt für ihre Betriebsmittel auf und zahlt die Arbeitsräume selbst. Bei der angestellten Person trifft Obiges nicht zu. Alles genannte wird ihrem Arbeitgeber zugerechnet.

 

Die Firma in Form einer AG oder GmbH

Im Gegensatz zu Obigem, wo die natürliche bzw. die private Person im Vordergrund steht, ist eine AG oder eine GmbH eine selbständige juristische Person. Erst durch Arbeiten, die von natürlichen Personen ausgeführt werden, wird die AG oder GmbH funktionsfähig. Das heisst, die Arbeiten werden vonseiten der Gesellschafter aus einem Arbeitnehmerverhältnis heraus wahrgenommen. Die Fragen nach Art und Umfang der Anstellung, die Art und Höhe der Entlohnung, die Unterstellung unter die obligatorischen Bestimmungen der AHV/IV/EO werden einmal aus der Optik als Angestellter und einmal als Arbeitgebender untersucht.

 

Kein Anspruch auf Arbeitslosenversicherung bei Schwierigkeiten

Kein Anspruch haben Arbeitnehmende, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebenden bestimmen oder massgeblich beeinflussen können, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten. Wird nun als Folge dieses Ausschlusses auf Kurzarbeitsentschädigung das Arbeitsverhältnis ganz aufgelöst oder im zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung reduziert und ein Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gestellt, so liegt eine Umgehung der Ausschlussbedingungen der Kurzarbeitsentschädigung vor, sofern die arbeitgeberähnliche Stellung, aufgrund derer kein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung besteht, beibehalten wird. Ein Anspruch auf wirtschaftliche Hilfe wird demnach abgelehnt.

 

Wie bekommt man trotzdem finanzielle Hilfe?

Damit die Anspruchsvoraussetzungen geprüft werden, ist es notwendig, dass die arbeitgeberähnliche Stellung im Betrieb und die damit verbundene Dispositionsfreiheit aufgegeben werden. Dies kann wie folgt geschehen:

  1. a) Bei der AG

Der Sitz im Verwaltungsrat und/oder eine andere arbeitgeberähnliche Position wie Direktor muss aufgegeben werden. Falls massgeblich am Aktienkapital beteiligt, muss diese Beteiligung an einen dritten veräussert oder zumindest massiv reduziert werden. Es darf nicht an den Ehepartner übertragen werden, da den mitarbeitenden Ehegatten auch eine arbeitgeberähnliche Stellung zukommt.

 

  1. b) Bei der GmbH

Austritt aus der Firma als geschäftsführender Gesellschafter oder zumindest Rücktritt als Geschäftsführer und Löschung der Unterschriftsberechtigung. Falls massgeblich am Stammkapital beteiligt, muss diese Beteiligung ganz an einen Dritten veräussert oder zumindest massiv reduziert werden.

 

Was geschieht im Falle eines Konkurses?

Bis der Geschäftsleiter bei der AG oder der Gesellschafter bei der GmbH Hilfsleistungen für sich selbst in Form von Kurzarbeitsentschädigung beantragt, muss seine Gesellschaft in argen Nöten stecken, was während der Pandemie in manchen Branchen der Fall ist. Mit dem Konkurs des Betriebes kommt die arbeitgeberähnliche Stellung zu ihrem Ende. Ebenso endet die arbeitgeberähnliche Stellung normalerweise auch im Zeitpunkt einer Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Firma erst drei Monate nach der publizierten Einstellung des Konkursverfahrens von Amtes wegen im Handelsregister gelöscht wird – sofern kein Einspruch erhoben wurde.

 

Gemäss Bundesgericht gibt es bei der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven in der Regel nichts oder kaum mehr etwas zu liquidieren. Für die kurze verbleibende Zeit bis zur amtlichen Löschung des Betriebes im Handelsregister könne im Betrieb kaum mehr etwas finanziell Relevantes geschehen. Insbesondere sei unwahrscheinlich, dass sich die versicherte Person wieder in ihrer Firma anstellt und ein Einkommen erzielt. Von diesen Annahmen kann selbst dann ausgegangen werden, wenn die versicherte Person in bisher arbeitgeberähnlichen Stellung formalrechtlich als Liquidator/in bezeichnet ist.

 

Soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, kann die Kasse somit von der Vermutung ausgehen, dass selbst bei Stellung als Liquidator/in bereits im Zeitpunkt der Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven die arbeitgeberähnliche Stellung beendet ist und die Vermittlungsfähigkeit bejaht werden kann.

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