Jedes Jahr werden tausende Ehen geschieden, auch solche, deren Eheleute gemeinsam eine Firma aufgebaut haben und über Jahre hinweg als gleichberechtigte Partner zusammengearbeitet haben. Die Kinder sind längst aus dem Haus, die Pensionskasse ist mehr schlecht als recht gefüllt und sämtliche Reserven wurden in den Betrieb und das Einfamilienhaus investiert. Irgendwie haben sich die Eheleute auseinandergelebt. Nun steht die Scheidung bevor.
Kleinbetriebe werden klassischerweise so geführt, dass der Ehegatte die Produktion übernimmt, während die Ehefrau sich um die administrativen und personellen Belange kümmert. Der Mann sorgt dabei dafür, dass die Kundenaufträge umgesetzt, seine Angestellten operativ geleitet und geschult werden und stets genug Produktions- und Verbrauchsmaterial vorhanden ist. Während der Ehemann sich um die Investitionen in den Betrieb kümmert, übernimmt die Ehefrau neben der Verwaltung des Betriebes auch die Verwaltung des Familienheims.
Aufgrund diverser Gründe haben sich die Ehegatten auseinandergelebt. Im privaten Bereich können sie in separaten Wohnungen leben und einander aus dem Weg gehen. Im Unternehmen, wo beide seit Jahren als gut aufeinander abgestimmtes Team zusammenarbeiten, ist eine vollständige Trennung der betrieblichen Abläufe nicht möglich.
Abhängigkeiten
Der scheidende Ehemann ist auf seine Ehefrau angewiesen. Sie ist mit allen Abläufen und Winkeln des Büros bestens vertraut und hört auch dann zu, wenn ein Angestellter ein privates Problem hat. Sie fungiert als Verbindungspunkt zur Bank, den Behörden und dem Treuhänder. Die scheidende Ehefrau ist auf den Ehemann angewiesen. Mit seinen Mitarbeitern produziert er Leistungen, die für Umsatz sorgen und somit das private Wohnhaus finanzieren. In den meisten Fällen besteht eine gemeinsame Verbindlichkeit gegenüber einer Bank. Diese Verbindlichkeit wird in der Regel mit einer Pfandhaft abgesichert. Mit anderen Worten kann es vorkommen, dass das Einfamilienhaus nicht mehr finanzierbar ist, wenn die Ehefrau aus der gemeinsamen Firma ausscheidet und nicht mehr als Unternehmerin, sondern als Angestellte gilt.
Gleichberechtigte Aufteilung
In der Steuererklärung werden zwei Vermögenswerte aufgeführt: Die Geschäftsanteile und das Anwesen. Bei einer Scheidung ist die Lösung oft klar: Der Ehemann übernimmt und führt das Unternehmen fort, während die Ehefrau das Anwesen übernimmt. Probleme treten auf, wenn es um eine gleichberechtigte Aufteilung der Vermögenswerte geht. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn das Unternehmen acht Millionen Franken wert ist und das Anwesen (nur) zwei Millionen. Oftmals kommt es vor, dass nicht genügend liquide Mittel zur Verfügung stehen, um die andere Partei auszuzahlen. Wenn es zu einem Streit kommt, wird die Lebensfähigkeit des Betriebs gefährdet. Obwohl die Ehefrau die Liegenschaft übernommen hat, behält sie die Kontrolle über den Betrieb, bis sie nach vielen Jahren ihren Anteil vollständig erhalten hat.
Eine einvernehmliche Trennung ist der beste Weg, um Eskalation zu vermeiden. Es heisst: "Wenn der Scheidungsstreit um das Haus nach Jahren gelöst ist, haben die Ehegatten Frieden, aber das Haus befindet sich beim Anwalt". Daher ist ein Rosenkrieg dringend zu vermeiden. Der Krieg beginnt dort, wo sich zwei Anwälte um das vermeintlich bessere Recht streiten. Statt dessen kann ein Mediator zwischen den Ehegatten vermitteln. Ziel und Ergebnis einer solchen einvernehmlichen Lösung sollte die Scheidungskonvention sein. In einer solchen Vereinbarung werden mögliche Unterhaltsverpflichtungen, die Behandlung von Solidarhaftungen gegenüber der Bank sowie die Einzelheiten der Weiterbeschäftigung der Ehefrau im Betrieb des Ehemannes festgelegt. Der Kernpunkt bleibt aber die Bewertung des Unternehmens und der Liegenschaft, welche von unabhängigen Fachleuten durchgeführt werden sollte. Die Schenkung des Immobilienvermögens vom Ehemann an die Ehefrau stellt eine unentgeltliche Übertragung dar. Es ist wichtig, die Steuerfolgen noch vor der Scheidung zu prüfen. Es geht hier um die Schenkungssteuer, die Grundstückgewinnsteuer und die Handänderungssteuer. (Die Ehegatten sind von der Schenkungs- und Grundstückgewinnsteuer befreit, solange sie nicht geschieden sind). Daher sollte das Scheidungsgericht beim gemeinsamen Scheidungsantrag darum ersucht werden, das zuständige Grundbuchamt anzuweisen, die Übertragung des Vermögens als "Handänderung unter Ehegatten" vormerken zu lassen. Gleichzeitig schenkt der Ehemann der Ehefrau einen Teil der Rechte an dem Unternehmen. In diesem Fall handelt es sich um eine gemischte Schenkung. Die Steuerpraxis besagt, dass der Teil, für den ein Entgelt entrichtet wird, weniger als 75 % des Verkehrswertes der Liegenschaft ausmachen muss, um die Steuerbefreiung für die Grundsteuer zu erhalten.
Bei Scheidungen, bei denen ein Unternehmen im Mittelpunkt der Diskussion steht, wird empfohlen, frühzeitig Rat von Fachleuten einzuholen.