Michele Imobersteg |

18. September 2023

Wie ein Apfel kann auch ein Unternehmen geteilt werden

Unternehmensspaltung, auch bekannt als «Spin-off» oder «Aufspaltung», bezieht sich auf die Aufteilung eines bestehenden Unternehmens in zwei oder mehr eigenständige Einheiten. Dies geschieht oft, um die Geschäftsbereiche klarer zu definieren, die Fokussierung auf Kernkompetenzen zu erleichtern oder den Aktionären unterschiedliche Investitionsmöglichkeiten anzubieten. Im Folgenden wird die Spaltung im Rahmen der Nachfolgesituation besprochen.

 

Die Gründe für eine Spaltung können vielfältig sein, darunter strategische Neuausrichtung, Effizienzsteigerung, Marktanpassung oder die Realisierung von Werten für die Aktionäre. Es geht an dieser Stelle um den richtigen Moment und somit die Rechtzeitigkeit der Aufspaltung, damit diese einen Mehrwert für den Verkäufer der Unternehmung erzeugt. Denn anders als bei einer Fusion, bei der Elemente zweier Unternehmen miteinander vermengt werden, werden bei einer Spaltung im Prozess der Zerschlagung gewachsener Strukturen substanzielle und wesentliche Werte eines Unternehmens vernichtet.

 

Werte, welche verloren gehen

Wenn eine Firma zum Kauf angeboten wird, dann wird deren Preis nach verschiedenen Methoden ermittelt. Beispielsweise nach dem Substanzwert, nach dem Ertragswert oder nach der Multiples-Methode. Handelt es sich um ein eher jüngeres Unternehmen in einer verheissungsvollen Branche, so wird die DCF- Methode (Discounted Cashflow) angewendet. Bei einer Spaltung kann das Resultat aus diesen Methoden nur bedingt für einen fairen Kaufpreis einer Unternehmung herangezogen werden. Wenn ein Unternehmen verkauft werden soll, führen die oben genannten Methoden oft eher zu Verwirrung als zur Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises. Warum? Weil die verwendeten Parameter aus der Erfolgsrechnung oder der Bilanz des Zielunternehmens die für die Preisbestimmung zentrale Grösse weder in der Erfolgsrechnung noch in der Bilanz abbilden. Dieser unsichtbare Wert wird «Goodwill» genannt.

 

Wo wird der Goowill sichtbar?

Der Goodwill bezieht sich auf den immateriellen Wert, der entsteht, wenn eine Person oder eine Firma eine andere Firma über dem Buchwert (den bilanziellen Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten) erwirbt. Beim Kauf einer Unternehmung entsteht Goodwill, wenn der Kaufpreis höher ist als der Buchwert der Vermögenswerte abzüglich der Verbindlichkeiten des erworbenen Unternehmens. Der Goodwill repräsentiert den Wert, den der Käufer der Firma dem Ruf, der Kundenbasis, den langfristigen Beziehungen, den Markenrechten und anderen nicht-physischen Vermögenswerten des erworbenen Unternehmens beimisst. Es handelt sich um einen immateriellen Vermögenswert, der auf der Annahme beruht, dass die Akquisition langfristig wertvoll sein wird und zusätzliche Gewinne oder Synergien generiert. In der Buchführung wird der Goodwill als Aktiva auf der Bilanz der Käuferin ausgewiesen, und sein Wert wird in regelmässigen Abständen überprüft, um sicherzustellen, dass er nicht überbewertet ist. Die Käuferin kann den Goodwill abschreiben, so dass dieser quasi nebenbei noch «steueroptimierend» wirkt. Formularbeginn

 

Die Unternehmung ist mehr wert als die Summe ihrer Einzelteile

Oben wurden die Synergien erwähnt, welche bei der Käuferin einer Unternehmung zu zusätzlichen Gewinnen führen können. Zum Goodwill lassen sich beispielsweise auch die Marke, die Qualität des Standortes, die Aufträge in Arbeit oder die Güte der Arbeitnehmer zählen. Erst bei der Spaltung einer Gesellschaft stellt sich die Frage, welche Mitarbeiter in die eine oder andere Unternehmung übersiedeln, welche der beiden abgespaltenen Einheiten welche Kunden übernimmt oder wer die sich in Arbeit befindenden Aufträge fertigstellt und vereinnahmt. Wenn eine Unternehmung nur nach den den bilanzierten Werten bemessen wird, dann verliert man den Blick für den wahren Wert einer Unternehmung mitsamt Geschäftsmodell und Marktpotenzial.

 

Muss der Goodwill zwingend ermittelt werden?

In einer Nachfolgesituation kann es zu Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern einer GmbH kommen. Der eine will mit einem Teil des Personals und der Infrastruktur in einen anderen Kanton umziehen. Die anderen Gesellschafter wollen den Kernteil des Unternehmens aus Altersgründen verkaufen. Während hier die oben erwähnten Bewertungsmethoden eine gerechte Aufteilung der ermittelten Werte ermöglichen, erzeugt vor dem Verkauf der Unternehmung der zu ermittelnde Goodwill reichlich Streitpotenzial. Denn es geht um die Herstellung von Gerechtigkeit zwischen den Gesellschaftern bei der Verteilung von Gütern und deren Preisen. Ein Beispiel hierfür ist die Bewertung von laufenden Aufträgen. Die eine Partei, die der anderen die Kunden überlässt, muss Marketingausgaben einplanen, um den Kundenstamm aufzubauen. Einerseits hat der Kundenstamm an sich einen (Marketing-)Wert. Andererseits bestehen bei diesen Kunden Aufträge, die entweder abgearbeitet oder gegen Entgelt an die Käuferin abgetreten werden müssen.

 

Empfehlung an die Verkäuferin

Wenn Sie Ihr Unternehmen verkaufen wollen und der Käufer z.B. einen Teil Ihres Unternehmens nicht übernehmen will und Sie diesen unerwünschten Teil selbst weiterführen oder an einen Mitarbeiter oder einen anderen Käufer verkaufen müssen, lohnt es sich, sich rechtzeitig mit dem in Ihrer Bilanz nicht sichtbaren Goodwill auseinanderzusetzen. In diesem Goodwill stecken die strategischen Werttreiber Ihres Unternehmens. Grundsätzlich sollte der Käufer (nur) diesen Goodwill erwerben. Alles andere kann er sich aus dem Internet beschaffen.

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